Das
Kalenderjahr habe ich begonnen mit einer statistischen Erfassung
meiner Rollenspiel-Sessions. Jetzt ist das Jahr rum und ich darf mich
selber mit einer statistischen Auswertung beschenken.
Ich
habe in 2015 60 Sessions gespielt. Insgesamt habe ich 230
Stunden Spielzeit gehabt. Eine Session ist also 3,8 Stunden lang im
Schnitt. Der Durchschnitt ist hier aber nur mäßig aussagekräftig.
Insgesamt
60% der Sessions gingen über die Standard-Länge von 3 Stunden.
Ãœberraschende 18% waren aber auch nur 2 Stunden lang oder noch
kürzer. Darunter verbergen sich auch Sessions, zu denen ich
persönlich wegen Verspätung erst nach Beginn dazu gestoßen bin,
oder die frühzeitig abgebrochen wurden. Einige Sessions waren aber
auch geplant nur 2 Stunden lang, etwa Fiasco Sessions.
Meine
längst Session (an einem Tag) ging über 14 Stunden. Davon hatte ich
in 2015 zwei. Ich habe mit einer meiner Runden verlängerte
Wochenenden an denen wir spielen. Die Gesamtspieldauer an so einem
Wochenende liegt zwischen 18 und 44 Stunden. Das werte ich aber –
da es sich auf mehrere Tage verteilt – als mehrere Sessions.
Zufriedenheit mit den Sessions
Zu
jeder Session notiere ich mir ein paar Fakten aber auch eine
Einschätzung, wie mir die Session gefallen hat. So kann ich
feststellen, dass über 80% meiner Spielzeit mir großes oder sehr
großes Vergnügen bereitet hat. Jede dritte Session hat mir sehr
großen Spaß gemacht. Nicht mal jede zehnte Session fand ich nicht
so gelungen.
Hangout vs Real Life
Meine
Spielzeit habe ich fast hälftig im Hangout und zur anderen Hälfte
am Tisch verbracht. Die Hangout-Runden sind jedoch deutlich kürzer
weswegen es 39 Hangout-Runden und nur 21 Tischrunden waren. Die
Tisch-Spielrunden haben dabei leicht besser abgeschnitten was die
Zufriedenheit angeht. Um das zu messen, habe ich die qualitativen
Zufriedenheits-Kategorien mit einer Gewichtung versehen und komme
dann auf einen Skalenwert von 5,2 für Hangout-Runden und einen von
6,8 für Tischrunden auf einer Skala von 0 bis 10.
Neben
der Unterscheidung von Hangout und RL-Runden, gebe ich noch an, ob
eine Runde öffentlich war. Damit meine ich, dass es Zuschauende gab.
Ich hatte zwei On Air Hangoutrunden und zwei Tisch-Sessions, die
jeweils mehrere Zuschauende hatten. Meiner Ansicht nach, bewirkt das
zumindest am Anfang etwas beim Spielen, weswegen ich diese
Unterscheidung gerne mache.
Anzahl Mitspielende
Die
Anzahl der Mitspielenden habe ich ebenfalls notiert. Dabei habe ich
jeweils die Rolle der SL mitgezählt, also inklusive SL gerechnet.
Das Ergebnis ist nicht überraschend für mich: Die Hälfte der
Sessions hatten fünf Mitspielende, 40% hatten vier Mitspielende. In
Spielstunden ausgedrückt, machte die Vier-Spielende Zeit nur 30% der
Gesamtzeit aus. Das liegt daran, dass die sehr langen Sessions bei
mir eher eine höhere Mitspieler*innen-Dichte haben. Es gab eine
Session mit SL, bei der ich Solo-Spieler war. Die 3er-Sessions waren
allesamt Fiasco-Runden. Das ist interessant, weil ich eigentlich in
2014 die Erfahrung gemacht hatte, dass auch eine SL mit zwei
Spieler*innen eine doch recht reizvolle Angelegenheit sein kann.
Die
Zufriedenheits-Wertung der 4-Spieler-Sessions liegt mit 6,1 deutlich
über der der 5-Spieler-Sessions mit 5,1. Für die anderen
Gruppengrößen ist die Stichprobe zu klein für eine vernünftige
Auswertung.
Hilfsmittel
Unter
Hilfsmittel fasse ich zusammen, was ich gerne bei
Rollenspiel-Sessions zur Unterstützung es Gesamterlebnisses
einbringe. Dazu zähle ich das Anfertigen von Session-Mitschriften,
Musik-Untermalung, Handouts und Bilder, den Einsatz von Battlemaps
und Bodenplänen usf.
Insgesamt
124 der 230 Spielstunden, also 54%, wurden mit live geschriebenen
Session Notizen bereichert. Bei den Hangout Sessions sind das Google
Docs Mitschriften. Bei den Offline-Sessions haben Mitspielende so
eine Art Tagebuch geführt.
Ein
Drittel der Spielzeit wurde mit Musik untermalt. Das sind
größtenteils Sessions, die ich geleitet habe, und für die ich bei
Spotify (übrigens öffentlich zugängliche) Playlisten
zusammengestellt habe. Oft nutze ich auch eine Beamer oder separaten,
großen Monitor als SL, um nicht ausgedruckte Handouts oder andere
Informationen zugänglich zu machen. Spiele im Spiel sind für mich
kleine Meta-Spielchen, die außerhalb der Kernregeln eines Systems
besondere Ereignisse in der Handlung anregender gestalten sollen. Das
kann etwa ein Intrigen-Spiel, bei dem man bei NSCs Loyalitätspunkte
hinzugewinnen muss, oder ein Pferderennen, bei dem die Gunst des
Publikums renn-entscheidend sein kann, sein.
Real
Life Battlemaps kommen bei mir bei jedem System zum Einsatz,
allerdings nicht allzu oft. Im Gegensatz zu früheren Jahren kamen
bei Hangout Runden keine zusätzlichen Battlemaps Tools zum Tragen:
statt Maptools gab es in 2015 ausschließlich schnell gemalte (und
trotzdem schöne) Google Drawings.
Kampagnen
Im
Jahr 2015 hatte ich drei laufende Rollenspielrunden. Jeden Sonntag
spiele ich online mit der sogenannten Sonntagsrunde. Das ist meist
Savage Worlds. Dieses Jahr haben wir eine Deadlands
Noir Kampagne gespielt mit einem immer
prekären, aber äußerst liebenswürdigen Detektiv-Büro in New
Orleans der 30er Jahre. Ich spiele einen schrulligen evangelikaeln
Priester mit Voodoo-Mächten, der eine hervorragende Gospel Stimme
hat und den Proto-Boogie Woogie erfunden hat.
Außerdem
haben wir eine bereits in 2014 begonnen Kampagne auf dem
Bergungskreuzer Möwe
weiter bespielt. Das ist Setting von Günther Lietz, das in den 80ern
einer Parallel-Erde spielt, in der der Meeresspiegel deutlich
angestiegen ist. Hier haben wir ebenfalls eine sehr nette Mannschaft
an Bord, bei der ich den italienisch-stämmigen Maschinisten spiele.
Ebenfalls testen wir das Urban Fantasy Setting Nebula Arcana in
dieser Runde.
Insgesamt
habe ich bei der Sonntags-Runde 64 Stunden Spielzeit verbracht.
In
Berlin habe ich eine sehr lose Runde von Interessierten, mit denen
wir immer mal wieder zusammen kommen. Mit diesen haben wir im Vorjahr
eine Kampagne Fate Aventurien gespielt, die sich „Die
Sümpfe von Senklam“ nannte, und die
leicht auf dem DSA Klassiker „Die Stadt des toten Herrschers“
basierte. Dieses Jahr haben wir diese Kampagne abgeschlossen und uns
Dungeon World gewidmet. Das war eine komplett play to find out
Kampagne ohne jegliche Vorbereitung. Wir haben sie Legenden
von Falantir genannt, weil das die
Stadt war, in der das Abenteuer begann. Der zu erkundene Dungeon
stellte sich als das Innere einer Dämonenarche heraus, die auf
Falantir zutrieb.
Ãœber
Hangout habe ich mit einer Runde von Freunden Save
Game gespielt. Das ist eine Worlds of
Fate Publikation. Bei Save Game spielt man 8 bit Video Heldenfiguren
und führt diese durch eine bizarre, verrückt gewordene Welt von
berühmten Spielfiguren mit Endbossen. Ich habe die Kampagne geleitet
und die Helden Link (von Zelda), Simon (the Sorcerer) und Edna (von
Daidalos) durch eine von uns kollaborativ kreierte Welt geführt. Ich
habe einiges an den Regeln für meine Bedürfnisse angepasst und
einige andere Ideen aus der Fate Community mit eingebaut (z.B. den
Contest under Fire, hier: Side Scroller).
Nach
dem Abschluss dieser Kampagne habe ich in anderer Besetzung eine
zweite Mini-Kampagne (fünf Sitzungen) angeschlossen, die wir die
Ghostbusters
Kampagne tauften. Das war eine Monster of the Week Runde, also
ein Powered by the Apocalypse System. Wir haben
eine Truppe rund um einen Professor für Paranormales und Altägypten
gehabt. Daher gab es nach Auftaken rund um einen genetisch mutierten
Spiderman-Fan dann auch ein Finale im Grab von Tutanchamun. Und wie
das Leben so spielt wurde just nach dem Finale die Nachricht
verbreitet, dass tatsächlich gerade eine geheime Kammer in des
Pharaos Grab entdeckt worden sei.
Seit 2009 spiele ich mit einer Runde von Freundinnen und Freunden,
mit denen ich teils bereits seit Schulzeiten gespielt habe, in einer
regelmäßigen Runde. Wir sind in alle Winde verstreut und haben
daher lange Anfahrtswege, so dass wir uns zum Spielen zu verlängertenWochenenden zusammenfinden.
Mit
dieser Runde habe ich 2013 die Phileasson Saga, der Klassiker unter
den DSA Kampagnen abgeschlossen. Die hatten wir mit DSA4 gespielt und
sind dann zu Fate Core gewechselt, das ich für unsere Bedürfnisse
auf Aventurien etwas umgebaut habe. Wer sich diese Konvertierung
ansehen möchte, findet sie auf meinem Blog alles-ist-zahl.de. Mit
dieser Gruppe haben wir zu Beginn des Jahres ein 90er Jahre DSA
Abenteuer namens Berge aus Gold
gespielt. In der eigentlichen Fassung hat es den Verriss, den ihm
einige Rezensierende gegeben haben, durchaus verdient (flapsig,
schluderig, überzogen). Ich habe das Abenteuer stark angepasst, so
dass es zu unserer Gruppe und Spielweise besser passte.
Nach
Berge aus Gold haben wir die seit 2009 gespielten Charaktere
beiseitegelegt und in einer Mammutsitzung von insgesamt 44 Stunden
reine Spielzeit über dreieinhalb Tage verteilt mit der Sieben
Gezeichneten Kampagne begonnen. Wir
haben Alptraum ohne Ende, Teil 1, durchbekommen. Dass wir nicht mehr
geschafft haben, lag daran, dass wir uns sehr viel Zeit gelassen
haben mit der Gruppenerschaffung. Wir hatten uns alle die DSA5 Regeln
zu Gemüte führen müssen und dann lange gemeinsam diskutiert,
abgestimmt und erzählt, wie die Charaktere zusammen passen und wie
sie als Gruppe funktionieren sollen. Erstmalig habe ich auch
eingeführt, dass wir uns zu Beginn und zum Ende jeden Tages Zeit
gelassen habe für Erwartungsmanagement und Retrospektive.
Was
die Zufriedenheit dieser Kampagnen angeht, hat die Ghostbusters Runde
am Besten abgeschnitten (8,9), gefolgt von der Sieben Gezeichneten
Kampagne (7,9) und den Legenden von Fantaron (7,8). Zweimal Powered
by the Apocalypse ist schon mal eine Aussage.
Systeme
Schau
ich direkt auf die Systeme, so bestätigt sich das zum Teil:
Spitzenreiter in Sachen Zufriedenheit ist interessanterweise DSA5
(8,1), gefolgt von der World Engine (7,5) und mit Fate auf Platz 3
(6,1). Fast ebenso zufrieden bin ich anscheinend mit den Fiasco
Sessions. Fiasco habe ich insgesamt sechsmal in 2015 gespielt, was
somit mein Nummer Eins System für One Shots war.
Savage
Worlds schließe ich nach langer Zeit doch anscheinend noch in mein
Herz, auch wenn ich mit dem Kampf-fokussierten, dorthin vor allem
ausbalancierten Regelsystem wohl nie mehr ganz warm werde. Es ist und
bleibt aber einfach eine runde Sache, dieses Savage Worlds: ein
System, das in der Lage ist viele Settings zu bedienen und das was es
will einfach verdammt gut macht.
Fate
ist leider bei meiner eigenen Spielerschaft nur gemischt gut
aufgenommen worden. Während ich selber extrem gut klar komme mit
Fate – sowohl als Spieler als auch als SL – sind ca. die Hälfte
meiner Mitspieler*innen nicht gut klar gekommen damit (sondern
bevorzugen jetzt DSA5). Das ist für mich persönlich schade. Die
Leichtigkeit, der Fokus auf die Story und die Förderung der
Kreativität, sind für mich weiterhin totale Pluspunkte. Und dabei
bleibt es schlussendlich ein bodenständiges System (so wie ich es
spiele) mit Fertigkeiten, Hit Points und Mindestwürfen.
Die
World Engine Systeme haben hingegen in 2015 auch mich in ihren Bann
gezogen und für die One Shots und Mini Kampagnen haben sie auch
hervorragend funktioniert. Auch bei den Mitspielenden gab es viel
positives Feedback. Die Genre-Emulation erfüllte gerade bei Monster
of the Week absolut ihren Zweck.
Mein
Ziel war, insbesondere mit Fiasco Menschen zu einem Erstkontakt mit
Rollenspiel zu bringen. Das ist mir auch mit sieben Menschen
gelungen. Fünf von denen waren so angetan, dass sie es gerne weiter
oder gar intensiver betreiben wollten. Einer spielt inzwischen hin
und wieder bei einer meiner Runden mit. Zwei fanden es gerade mal
„interessant“ ohne Wunsch auf Wiederholung.
Wir
hatten vier sehr nette Sessions mit Fiasco, aber auch ein, zwei mäßig
gelungene. Müdigkeit habe ich dabei als Hauptproblem ausgemacht,
wenn es mal nicht so klappte. Wir haben in der Arktis einen Gaia Kult
den Klimawandel beschleunigen lassen, in Berlin Neukölln einen
Pegida-Klon bekämpft, wir haben eine Zombie Plage in einem Uboot
bekämpft, True North White Kaviar in Alaska gedealt, ein namenloses
Unheil von den Brillantzwergen abgewendet und eine ausbeuterische
Gefängnis-Chefin selbst in den Knast befördert.
Jede
dritte Session und 22% meiner gesamten Spielzeit habe ich mit One
Shots verbracht. Zu den One Shots gehörten Systeme wie
Monsterhearts, DSA5, Numenera, DSA1, Everyone is John und Feng Shui
2. Das waren allesamt interessante und lustige Einblicke, die Lust
auf Mehr machten.
SL versus Spieler
Jede
dritte Session bzw. die Hälfte der Spielzeit habe ich geleitet. Mit
den eigenen Sessions war ich überdurchschnittlich zufrieden (7,1;
muss wohl stinkendes Eigenlob sein). In meinen Sessions gab es im
Schnitt 5,0 Spielende, wenn ich als Spieler dabei war nur 4,5.
Insgesamt habe ich mit 9 verschiedenen SLs gespielt in 2015.
Abgesehen von Fiasco Sessions, die ich gehostet habe, aber nicht die
hier „außer Konkurrenz“ laufen, habe ich keine One Shots
angeboten. Ich habe eine Runde öffentlich geleitet. Das war auf
einer Hochzeit. Mitgespielt haben Bräutigam-Mutter und –Bruder.
Entsprechend groß war der Kreis neugieriger Zuschauender.
Ausblick auf 2016
In
2016 setze ich hoffentlich alle laufenden Runden fort. Die Form der
Mini-Kampagnen mit vier bis sechs Sessions hat mir gut gefallen. Das
habe ich vor, fortzusetzen. Systeme meiner Wahl dafür werden wohl
PbtA und Fate bleiben. Gerne mal ausprobieren würde ich für dieses
Format Cortex Plus.
Es
gibt eine sehr spannende OSR Runde in Berlin, für die ich leider
zeitlich bis auf genau einmal nicht konnte. Die würde ich liebend
gerne regelmäßig besuchen. Insgesamt ist es schwierig für mich RL
Runden auf die Beine zu stellen, weil Berlin schon immer An- und
Abreise-Strecken bedeutet und die Abende dann eigentlich zu kurz zum
Spielen sind (oder der Schlaf kommt zu kurz). Trotzdem möchte ich
versuchen, in 2016 auch meiner RL Runde in Berlin wieder mehr
Aufmerksamkeit zu schenken.
Setting-technisch
reizen mich gerade Atomic Robo, Night Witches und Monsterhearts
besonders. Story Games und LARP / Tischspiel-Hybride sind die Ecken
des Hobbys, die besonders meine Neugier wecken.
Besonders
gespannt bin ich auf die Fortsetzung der Sieben Gezeichneten
Kampagne, die tatsächlich mit einem ungeahnt hohen Gänsehaut-Faktor
begann und atmosphärisch sehr vielversprechend ist. Das wird auf
jeden Fall anders als zu der Zeit meiner Jugend, als ich die G7
erstmalig gemeistert habe.
Ich
freue mich auch auf die Fortsetzung der Deadlands Noir Kampagne. Ich
habe noch nie als Spieler an einer so langen Kampagne mitgespielt und
habe die Charaktere in unserer Gruppe wirklich sehr lieb gewonnen.
Gruppen-Drama wird groß geschrieben in der Runde und das macht mir
große Freude.
Auch
in 2016 bleibt mein Ziel, mindestens eine Person aus meinem Umfeld
pro Monat mit Rollenspiel in Berührung zu bringen, die zuvor keinen
Kontakt zu dieser Art Spiel hatte. Das habe ich mit nur acht Menschen
in 2015 nicht erreicht, aber immerhin war das Feedback recht positiv.
Darüber hinaus hatte ich immerhin nochmal vier Personen zum Hobby
„zurückgeführt“, also Leute, die in der Jugend mal mehr oder
weniger gelungenen Kontakt hatten, zu einem neuen Versuch bewegt.