Der Rollenspiel Karneval zog im Juni zum Thema Dumpstats um die Häuser. Dumpstats sind im weitesten Sinne irgendwie als unnütz empfundene Werte.
Werte auf die ich nie würfel? Dann lass halt den Rechenknecht würfeln! |
Bei den
Teilzeithelden gibt Oliver eine Einführung zum Thema. RPGnosis nehmen
am Beispiel DSA4.1 die negativen Konsequenzen von Dumpstats in Kaufsystemen
auseinander.
Ich möchte einen
Vorschlag machen, wie man dank Computereinsatz einige Dumpstats aufwerten kann.
Ich hatte schon
lange vor, ein kleines Tool vorzustellen, das wir in unserer DSA-Runde im
Einsatz haben, um eine der Kategorien von Dumpstats spielförderlicher zu
machen, und nutze die Gelegenheit, um das Tool, vor allem aber unseren Umgang
mit der folgenden Art von Dumpstats zu erklären.
Wen nur das Tool interessiert, der hat hier den Link zum DSA-Massenprobe-Tool.
Wen nur das Tool interessiert, der hat hier den Link zum DSA-Massenprobe-Tool.
Weil es unser
System ist, stelle ich alles Folgende mit DSA4.1 Begriffen vor, glaube aber,
dass sich vieles einfach übertragen lässt auf andere Systeme.
Es gibt Talente,
die – wie RPGnosis erklärt – eigentlich zum Handwerkszeug des reisenden Helden
dazu gehören, die dennoch stiefmütterlich behandelt werden von den meisten
Spielern. Das sind etwa Wildnisleben, Gassenwissen, Boote Fahren, Reiten oder
Kochen. Beim Aufenthalt in der entsprechenden Umgebung eigentlich ständig im
Einsatz und dennoch fällt beim Blick auf den Charakterbogen auf, dass sich in
den Bereichen wenig tut.
Um seinen Helden
simulationistisch oder warum auch immer „rund“ zu halten, tendieren einige
Spieler dazu, dennoch mal Punkte in die entspechenden Talente zu stecken. Doch
gewürfelt wird schlussendlich doch nicht darauf. Selbst der Spezialist der
Gruppe fragt sich, was es für ihn für einen Unterschied machen soll aus
Wildnisleben 13 eine 14 zu machen. Er ist mit Abstand der Fähigste und wenn die
Proben einmal in einer schaffbaren Höhe waren, macht es auch spieltechnisch
keinen Sinn, warum das Nachtlager aufschlagen plötzlich schwerer werden sollte,
um die Probe wieder auf das Niveau einer
Herausforderung zu bringen.
Warum auf das
Niveau einer Herausforderung? Genauso wie bei allen anderen Würfeleien: wenn
sie nicht in irgendeiner Form zum Spielspaß beitragen, sollte man sie sich
sparen. Wird eine Probe zu 95% geschafft oder gibt es keine (interessanten)
Konsequenzen aus dem Ergebnis des Würfelwurfs: weglassen!
Außerdem gibt es
eine Reihe an Beispielen, bei denen ein Würfelwurf passen würde, aber einfach
nicht den Aufwand lohnt:
- Siebentägige Segelfahrt, jeden Tag Boote Fahren Proben von jedem Helden, um mal zu schauen, ob jemand von Deck fällt? Viel zu viel Würfelei und dazu geht dabei statistisch wahrscheinlich viel schief bei niedrigen Talentwerten. Und würde man nicht während so einer kleinen Reise nicht nach ein paar Tagen besser, also sollte steigern?
- Die Seefahrt ging gehörig schief. Nun sitzt man als Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel und will mit Holzbearbeitung ein Floss bauen. Da ein Held krank geworden ist und dringend Hilfe von einem Medicus braucht, hat man es eilig. Keiner hat so richtig Ahnung (Dumpstat halt). Die Dramatik könnte mit Würfelproben hergestellt werden (jeden Tag jeder Held eine Holzbearbeitungsprobe, bei 20 gesammelten TaP* ist das Schiffswrack repariert. Das wird eine wilde Würfelei.
- Nachtlager aufschlagen: Wildnisleben würfeln für den Waldläufer der Runde. Keine besonderen Umstände, Probe +0 oder gar -3? Kann man sich das Würfeln sparen. Und sollte es nicht eine Rolle spielen, wie stümperhaft sich die Gefährten anstellen oder umgekehrt, ob es jemanden auf ähnlich gutem Niveau gibt, der als Zweitbester aber dann nie zum Würfeln kommt?
- „Die Stadt ist ein einziger Sündenpfuhl, ein Schritt in die falsche Gasse und man hat ein Messer an der Kehle, ein unaufmerksamer Moment und die Geldbörse ist verschwunden,“ heißt es so schön in manchem Vorlesetext. Sollte nicht jeder Charakter beim Recherchieren in der Stadt locker mal dreimal am Tag auf Gassenwissen würfeln, vielleicht in Kombination mit Sinnenschärfe? Kann einem der erfahrene Streuner nicht wenigstens ein paar grundlegende Tipps geben oder ein Auge auf die völlig überforderte Gelehrte haben, dass diese nicht ständig über den Tisch gezogen wird?
Was sich bei uns
für diese Situationen etabliert hat ist folgende Technik-unterstützte Lösung:
computer-generierte Massenproben, d.h. für jeden wird gewürfelt auf das
passende Dumpstat Talent. Dann gibt es zwei Standard-Möglichkeiten:
(a) „Jeder TaP* zählt“: alle TaP* und alle fehlenden Talentpunkte zum Bestehen werden verrechnet, ist das Ergebnis positiv hat die Gruppe ihr Ziel erreicht ohne Zwischenfälle, sonst ist dem mit den meisten fehlenden Punkten etwas unangenehmes zugestoßen
(b) „Bester versus Schlechtester“: es werden die TaP* von demjenigen mit den höchsten TaP* mit demjenigen mit dem schlechstesten Wurf verrechnet, also dem dem die meisten Talentpunkte fehlen. Ist das Ergebnis positiv, konnte der mit den meisten TaP* den anderen gerade noch so von einer Dummheit abhalten, im negativen Fall geschieht dem Unglückraben wieder etwas Unangenehmes
Möglichkeit (a) bewährt
sich vor allem bei Team-Aufgaben, wenn alle an einem Strang ziehen, ein klares
Ziel haben und kein Held als klarer Anführer im Spotlight steht. Auch bei zu
sammelnden TaP* bietet sich das an.
Möglichkeit (b)
ist meines Erachtens eine bisher wenig beachtete hervorragende Möglichkeit
Massenproben interessant zum Einsatz zu bringen und Dumpstats auszuhebeln.
Massenproben Tool mit verschiedenen Auswertungsmöglichkeiten |
Gerade Helden mit
einem allgemeinen Dumpstat als ihre Spezialisierung haben bei (b) eine Chance
regelmäßig glänzen zu können. Denn das Ergebnis so einer vergleichenden
Massenprobe lässt sich – bei uns auf einen Beamer projiziert – wunderbar
erzählerisch einbinden:
Spielerin A (mit dem schlechtesten Wurf: „Och nö, ich hab’s geschafft mich beim Austreten im Dornendickicht zu verfangen.“ Spielleiter: „Ja, und Held X, der Waldläufer hatte Euch noch gewarnt. Nur leider hatte er gerade seine Augen wohl woanders (TaP* nur knapp niedriger als umgekehrt das schlechteste Ergebnis). Der schöne Mantel der Beherrschung ist völlig zerschlissen, werte Magister.“
Spielerin A (mit dem schlechtesten Wurf: „Och nö, ich hab’s geschafft mich beim Austreten im Dornendickicht zu verfangen.“ Spielleiter: „Ja, und Held X, der Waldläufer hatte Euch noch gewarnt. Nur leider hatte er gerade seine Augen wohl woanders (TaP* nur knapp niedriger als umgekehrt das schlechteste Ergebnis). Der schöne Mantel der Beherrschung ist völlig zerschlissen, werte Magister.“
Beide
Massenproben-Würfelarten lassen sich in diesem von mir programmierten kleinen Excel-Tool ausführen. Helden-Eigenschaften und Talentwerte einfach eintippen
und los geht’s. Auch andere Online Tools lassen sich dafür nutzen, soweit ich
weiß bietet etwa MeisterGeister eine
Massenprobe Funktion an. Das ist vor allem praktisch, wenn man seine
Heldengruppe ohnehin in der Software pflegt und alle ihre sonstigen Funktionen
nutzt. Mit dem Excel gibt es eine weitere Option, die zudem etwas mehr
Flexibilität bietet eigene Ideen schnell zu verwirklichen (etwa Möglichkeit b) einbinden).
Der Effekt: TaW
machen sich statistisch bemerkbar und zwar bei allen. Für die Expertin lohnt
sich ein Steigern wieder, um bei der nächsten Gelegenheit ihren Mitreisenden
noch besser beistehen zu können, für die gesamte Gruppe lohnt es sich Reiten
noch einen Punkt zu steigern, damit bei der nächsten Überlandreise weniger
schief geht. Die Würfelei kostet extrem wenig Zeit und eröffnet doch
Ausspielmöglichkeiten und fungiert zudem noch als Zufallsereignisgenerator.
Die negativen Folgen
können natürlich auch im Vorhinein festgelegt und verregelt werden, wenn man
nicht die Muße hat, sich für die Missgeschicke immer etwas Neues auszudenken:
eine Klettertour zum verfluchten Felsen der Anoiha, kann etwa vier Kletternmassenproben
Typ (b) verlangen, jedes Missgeschick (also dass die Beste den Schlechtesten
nicht ausgleichen kann) ist eine Wunde – also etwas sehr drastisches. Ein
andermal bedeutet das Missgeschick alleine eine Konstitutionsprobe, ob man sich
eine leichte Krankheit beim Nachtlager geholt hat.
Die Dumpstat
Qualität wird also dabei dadurch aufgehoben, dass häufiger auf die Dumpstats
bedeutsam gewürfelt wird (also mit Konsequenzen) ohne in eine langweilige
Würfelorgie abzudriften. Durch die „Bester versus Schlechtester“ Mechanik gibt
es natürlich einen Gruppen-internen Wettbewerb nicht der schlechteste zu sein,
dem statistisch häufiger etwas Dummes passiert. Wohlgemerkt, nur bei einer
misslungenen Probe kann einem ein Missgeschick passieren.
Dennoch bedeutet dieser Gruppen-interne Vergleich natürlich, dass es davon abhängt, wie schlecht die anderen sind, die mit einem reisen, ob einem etwas passiert. Unrealistisch ja, aber hier geht es auch nicht darum durch Massenproben simulationistisches Spielen zu stärken sondern allein interessante, zu den Charakteren und ihren Spielwerten passende Geschichten zu erzählen.
Dennoch bedeutet dieser Gruppen-interne Vergleich natürlich, dass es davon abhängt, wie schlecht die anderen sind, die mit einem reisen, ob einem etwas passiert. Unrealistisch ja, aber hier geht es auch nicht darum durch Massenproben simulationistisches Spielen zu stärken sondern allein interessante, zu den Charakteren und ihren Spielwerten passende Geschichten zu erzählen.
Natürlich kann
man die Mechanismen noch verfeinern und sich weitere Rechnungsmöglichkeiten überlegen:
Meta-Talente basteln (etwa Gassenwissen+Sinnenschärfe bei Beispiel 4), Mindestbeiträge
zu einer Aufgabe pro gelunger Probe definieren (3 Punkte pro gelungener Probe
in Beispiel 2) um Beteiligung zu ermutigen und so fort.
Häufig hier von
mir eingesetzt ist übrigens eine weitere von mir häufig auch für normale Proben
variierte Proben-Auswertung bei DSA: statt auf TaP* zu schauen, lasse ich oft
TaW+TaP* vergleichen. Damit wird die Bedeutung vom TaW noch einmal erhöht und
damit noch einmal mehr sicher gestellt, dass diejenige mit dem höchsten
Talentwert deutlich höhere Erfolgschancen bei einer vergleichenden Probe hat
als eine Anfängerin (etwa bei Talenten wie Brettspiel, bei denen der Streuner
trotz langer Übung gegen die Magierin als völlig ungeübte aber mit ihrer KL 18
häufig versagt sonst).
Übrigens ist das
oben verlinkte Massenproben-Tool auch die Grundlage für das Pferderennen Tool,
das ich in einem anderen Artikel vorgestellt habe.
Generell kann man
sagen, dass die ansonsten begründet als solche gesehenen Nachteile von DSA
(aufwändige Default-Probe mit vier Eingangsparametern und drei hochzahligen
Würfeln, Unmengen an Dumpstat Talenten und sehr hohe Granularität der
Skill-Höhe (TaW von 0 bis 21, also 22 Abstufungen) durch die technologische
Unterstützung spielbarer und interessanter werden. Also zum Abschluss: Ein Hoch
auf den technischen Fortschritt am Spieltisch!